Comedian Harmonists – Musikgeschichte einfach erklärt
Die Comedian Harmonists gehören zu den bekanntesten Vokalensembles der 1920er und 1930er Jahre. Mit ihrem einzigartigen Harmoniegesang, humorvollen Texten und zeitlosen Hits prägten sie die Musikgeschichte wie kaum eine andere Gruppe ihrer Zeit.
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Wer waren die Comedian Harmonists?
Die Gruppe entstand 1927 in Berlin und bestand aus sechs Musikern, die sich auf perfekt abgestimmten Close-Harmony-Gesang spezialisierten.
Ihr Stil kombinierte Humor, Virtuosität und klare, eingängige Melodien.
Nach ihrem raschen Erfolg wurden sie zu einer der bekanntesten Unterhaltungsgruppen der Weimarer Republik.
Hinweis
Nur auf den GBG-Seiten sind eine Namensauflistung, nebst Lebenslaufbeschreibungen und Singproben (demnächst) verfügbar
Angefangen hatte alles mit einer kleinen Zeitungsanzeige, die der gerade volljähhrig gewordene Harry Frommermann am 18.12.27 im Berliner Lokal-Anzeiger aufgab. Der junge Mann hatte - wie außer ihm im späteren Ensemble nur Robert Biberti - keine akademische Gesangs- und Musikausbildung. Auf seine Annonce hin meldeten sich in diesen Wirtschaftskrisenzeiten 70-100 Männer, meist minderen Talents. Als Harry die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, stand Robert Biberti in der Mansardentür. Er war der einzige, der beim Vorsingen von Frommermann angenommen wurde. Der Anfang war gemacht. Schon wenige Tage später holte Biberti zwei Chorkollegen aus dem Großen Schauspielhaus nach: Den Bulgaren Ari Leschnikoff und den Polen Roman Cycowski.
In der Anfangsformation sang noch
Walter Nußbaum als zweiter Tenor, aber er wurde im März 1929 durch
Erich Collin ersetzt. Im März 1928 brachte Ari Leschnikoff dann noch
seinen Freund Erwin Bootz mit.Zwischen Frommermann und ihm
entwickelte sich bald eine Art Konkurrenzverhältnis, weil Bootz mit
seiner guten Ausbildung Frommermanns Arrangements etwas Überheblich
als bloßes Rohmaterial behandelte. Frommermann fühlte sich ihm
lange unterlegen, glich aber durch enormen Fleiß und erstaunliche
Kreativität aus, was ihm Bootz voraus hatte
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Die erste Probe fand am 5. Januar 1928
in Frommermanns Mansarde statt. Klar war, dass Monate harten Probens
bevorstanden, für die keinerlei Geld gezahlt werden konnte. Das
mußte also durch Chorsingen beschafft werden, oder beispielsweise
durch Singen in den großen Berliner Hinterhöfen. Die Polizei nannte
das "Betteln" und verlangte Genehmigungen dafür. Die
Entbehrungen waren groß.
Im Juni 1928
unternahmen die Sänger in der "Berliner Scala" ein erstes
Vorsingen, das katastrophal ausging. Schließlich fand im Spätsommer
bei dem Agenten Levy ein zweites Vorsingen statt. Levy hörte mit
versteinertem Gesicht zu, griff dann zum Telefon und rief den
Berliner Erik Charell an, bei dem das Sextett sein gesamtes kleines
Repertoire gleich noch ein zweites Mal vortragen mußte.
Charell machte
spontan ein Angebot, das Levy zum Entsetzen der sechs Männer rigoros
ablehnte. Er schickte die Sänger in die Kneipe und ging dann mit
ihnen schnurstracks zu Charells größtem Konkurrenten: Haller mit
seiner Revue im Admiralpalast. Kaum waren sie dort angekommen,
erschien ein Fahrradbote mit einem Brief von Charell. "Ich biete
die doppelte Gage. So kamen sie zu der phantastischen Abendgage von
120 Mark, also 20 Mark für jeden. Am 28. September 1928 kam es in
Charells "Großem Schauspielhaus " zum ersten Auftritt.
Nur drei Wochen später pendelten die Comedian Harmonists am Abend nach der Vorstellung noch zum Programm im Kabarett der Komiker und bald auch an andere Orte. Wo immer sich Gelegenheit bot, sang man drei oder vier Titel, kassierte die Gage und zog weiter. Bald engagierten alle renommierten Veranstalter in Berlin die Gruppe. Im März 1929 folgte das erste Gastspiel in Hamburg, bald darauf ging es auch in andere deutsche Städte, nach Köln und, gegen Ende des Jahres 1929, nach Leipzig. Die Auftritte in dieser Stadt müssen für das Sextett den Durchbruch bedeutet haben. Die gefeierten Stars der sämtlich ausverkauften Abende waren die Comedian Harmonists mit ihren Einlagen. Das Publikum raste vor Begeisterung. Spätere Rückblicke auf die Theatersaison nennen das Stück als die erfolgreichste Inszenierung des Jahres. Jedoch waren die Comedian Harmonists bis zu diesem Zeitpunkt stets nur eine Art Einlage in einem größeren Revueprogramm. Der Erfolg muß sie wohl angespornt haben, nun engagiert größere Vorhaben anzugehen: Sie wollten eigene Konzerte geben. Bei aller Popularität, die durch Grammophonplatten und zahlreiche Rundfunkauftritte gefördert wurden, waren sie doch noch nicht landesweit bekannt. Deshalb bedeutete eine eigene Konzertournee ein schwer kalkulierbares Risiko für die Veranstalter, so dass das Ensembe selbst Sääle für ihree Auftritte mieten und sämtliche Risiken übernehmen mußte.
Als erster Auftrittsort für die eigene Vorstellung wurde Leipzig festgelegt, wo man vier Wochen vorher so gefeiert worden war. An die Premiere am 26.1.30 erinnerte sich Ari Leschnikoff 45 Jahre später so: "Dieses Schreien, dieses Toben des Publikums - also ich war - ich war baff. Ich konnte kein Wort...,nur Tränen. Ich habe geweint vor Freude." Sie waren in zwei Stunden ausverkauft.
Eine Zeitungsnotiz genügte: "Die Comedian Harmonists kommen!" - Keine Reklame, nichts - wir waren sofort ausverkauft
1932 traten die Comedian Harmonists gar in der Berliner Philharmonie auf.
Dass dort Unterhaltungsmusik gegeben wurde, muß als eine Sensation ersten Ranges empfunden worden sein. Aber das konservative Musikpublikum schien mit dieser "Entweihung" gar keine Schwierigkeiten gehabt zu haben. 2700 Besucher applaudierten enthusiastisch. Das war gewissermaßen der Ritterschlag, denn von nun an galten die Konzerte der Gruppe als Kunst, d.h. es mußte von den Einnahmen keine Vergnügungssteuer mehr abgeführt werden. 150 Konzerte im Jahr wurden absolviert
Dann begann das Jahr 1933 und brachte
den Machtantritt der Nazis. Zunächst einmal schien sich wenig zu
verändern. Die Sänger interessierten sich nicht für Politik,
hielten sich wohl auch für so populär, dass sie ohnehin keine
Befürchtungen für sich selbst hegten. Aber dennoch: Erste
vertraglich vereinbarte Konzerte wurden schon im Jahre 1933 abgesagt,
weil man keine Juden mehr auf deutschen Bühnen sehen wollte. Auch
die UFA verweigerte den Ensemblemitgliedern die Mitarbeit an
Filmaufnahmen. Vielleicht wollten sich die sechs Sänger darüber
selbst hinwegtäuschen, dass darin deutliche Zeichen zu sehen waren,
die noch weit Schlimmeres ankündigten. Vielleicht hofften sie wie
viele, dass der Nazispuk rasch vorübergehen würde. Am ersten
November 1933 erließ Goebbels eine folgenschwere
Durchführungsverordnung zum Gesetz, die die Mitgliedschaft in der
Reichskulturkammer und ihren Untergliederungen regelte. Danach mußte
jeder die Mitgliedschaft in der Reichsmusikkammer beantragt haben,
wenn er auf deutschen Bühnen Musik darbieten wollte. Paragraph 10
regelte, wodurch man von der Mitgliedschaft ausgeschlossen werden
konnte: "...wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt,
dass die in Frage kommende Person, die für die Ausübung ihrer
Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung nicht besitzt."
Es gab keinen Zweifel, wie das zu verstehen war. Juden konnten nicht
Mitglieder in den Kammern werden. Um auch wirklich das letzte
Mißverständnis zu beseitigen, erklärte Goebbels am 5. März 1934
in aller Deutlichkeit und Ausführlichkeit, dass 1. nur auftreten
durfte, wer Kammermitglied war, und 2. Juden definitiv nicht
Kammermitglied werden konnten. Alle sechs Ensemblemitglieder hatten
schon einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt, aber nun konnte man
kaum noch auf einen positiven Bescheid hoffen, auch wenn die Gruppe
immerhin gemischt und nicht volljüdisch war. Jedenfalls hielten sich
die Comedian Harmonists zu diesem Zeitpunkt gerade auf einer
ausgedehnten Deutschland-Tournee auf, für die sie einige Tage später
eine Sondererlaubnis erhielten. Aber dennoch gab es neben Absagen in
vielen Orten Rangeleien und immer neue Schikanen. Das letzte Konzert
in München behielten alle Akteure in besonderer Erinnerung. Ihr
Abschiedslied "Auf Wiedersehen, my Dear" gewann eine sehr
hintergründige Bedeutung.
Gleichzeitig nehmen die Zerwürfnisse innerhalb der Gruppe gegen Ende 1934 zu. Anfang 1935 fasst man schließlich den Beschluß zur Trennung. Anfang Februar 1935 findet das letzte Konzert der Comedian Harmonists in Frederikstad (Norwegen) statt. Man kehrt zurück nach Berlin und macht noch einige Schallplattenaufnahmen. Ende Februar erreicht die Comedian Harmonists ein Brief von der Reichsmusikkammer. In diesem Schreiben vom 22. Februar 1935 werden die arischen Mitglieder der Comedian Harmonists in die 'Reichsmusikerschaft' aufgenommen. Diese erhalten damit die Möglichkeit, "mit anderen arischen Musikern nach Zulegung eines deutschen Namens anstelle der Bezeichnung 'Comedian Harmonists' ihre musikalische Tätigkeit auszuüben". Den "nichtarischen" Mitgliedern wird die Aufnahme verwehrt, was einem Berufsverbot gleichkommt: "Diese haben dadurch das Recht auf Berufsausübung verloren".
Trotz des Verbots erfolgte die letzte Schallplattenaufnahme bei der ELECTROLA am 28.02. oder 01.03.1935.
März 1935: Aufgrund eines Scheinvertrages einer Wiener Konzertagentur verließen Harry Frommermann und seine Frau Erna, Marie Cycowski sowie Fernande und Suzanne Collin Deutschland in Richtung Wien. Roman Cycowski blieb noch bis Ende April 1935 in Berlin und folgte dann nach Wien. Erich Collin war nach Paris gereist und ließ dort am 15. März 1935 eine GmbH mit dem Namen Comedian Harmonists registrieren. Schließlich bestätigten sich Arier und Nichtarier gegenseitig schriftlich, dass sie sich nicht bei der künstlerischen Betätigung unter dem Namen Comedian Harmonists behindern werden. Das war das Ende der Comedian Harmonists. Die meisten von ihnen sahen sich nie wieder.